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#MiSA Studie Integrationsagenda: Wie geht es den Sozialarbeitenden damit?

Die Anfang 2021 einge­führte Inte­gra­ti­ons­a­genda brachte für die Sozi­al­ar­bei­tenden einige Heraus­for­de­rungen mit sich. Für seine Master-Arbeit forschte Absol­vent Thomas Villiger den ersten Erfah­rungen seiner Berufs­kol­le­ginnen und -kollegen mit den Neue­rungen nach

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Die Inte­gra­ti­ons­a­genda soll aner­kannte Flüchtlinge und vorläufig Aufge­nom­mene bei der Inte­gra­tion in die Schweizer Gesell­schaft unterstützen. Das Geld aus dem Förder­topf ist an Wirkungs­ziele wie Sprach­kennt­nisse, beruf­liche Grund­bil­dung, Inte­gra­tion in den Arbeits­markt und Vertraut­heit mit den hiesigen Lebens­ge­wohn­heiten gebunden. Die Sozi­al­ar­bei­tenden erwar­teten die Einführung des neuen Instru­ments mit Span­nung, aber auch einigen Bedenken. Thomas Villiger spürte in seiner Master-Arbeit den ersten Erfah­rungen der Sozi­al­ar­bei­tenden mit den Neue­rungen nach.

«Wir wussten: Mit der Inte­gra­ti­ons­a­genda kommen weit­rei­chende Veränderungen auf uns zu», erin­nert sich Thomas Villiger. Der Sozi­al­ar­beiter verfügt über jahre­lange Berufs­er­fah­rung in Migra­ti­ons­so­zi­al­diensten und erlebte die Einführung der Inte­gra­ti­ons­a­genda per 1. Januar 2021 an vorderster Front mit. Die Inte­gra­ti­ons­a­genda selber habe ihn von Anfang an konzep­tio­nell überzeugt; er habe sich aber gefragt, was sie für die Arbeit der Sozi­al­ar­bei­tenden an der Basis bedeute. Grund genug für ihn, das Thema für seine Master-Arbeit aufzu­greifen.

Der Mitt­dreis­siger absol­vierte sein Studium der Sozi­al­ar­beit an der Hoch­schule Luzern nach der gymna­sialen Matura und zwei Zwischen­jahren. Ansch­lies­send arbei­tete er mehrere Jahre in grossen Migra­ti­ons­so­zi­al­diensten in verschie­denen Kantonen, zuletzt in Zürich. Irgend­wann packte ihn die Lust, sich mit einem Master in Sozialer Arbeit mehr theo­re­ti­sches Wissen anzu­eignen und von der Basis- in die konzep­tio­nelle Arbeit oder zu Lehre und Forschung zu wech­seln. Gesagt, getan. Für sein Master-Studium entschied sich Villiger wiederum für die Hoch­schule Luzern. Als es darum ging, ein Thema für die Abschluss­ar­beit zu suchen, stand die Einführung der Inte­gra­ti­ons­a­genda kurz bevor. Und so widmete er dieser seine Master-Arbeit. Sie trägt den Titel «Die Einführung der Inte­gra­ti­ons­a­genda im Kanton Zürich».

Etwas Harmonie im födera­lis­ti­schen Flick­en­tep­pich

Weshalb die Einschränkung auf den Kanton Zürich, wenn es sich doch bei der Inte­gra­ti­ons­a­genda um ein schweiz­weites Instru­ment handelt? Obwohl sich Bund und Kantone auf eine gemein­same Inte­gra­ti­ons­a­genda geei­nigt hätten, gebe es je nach Kanton Unter­schiede in deren Hand­ha­bung, erklärt Villiger. «Der födera­lis­ti­sche Flick­en­tep­pich ist zwar mit der Einführung der Inte­gra­ti­ons­a­genda kleiner geworden, aber es gibt ihn noch.» Die Harmo­ni­sie­rung der Inte­gra­ti­ons­pro­zesse und die Einführung einheit­li­cher Instru­mente sei die Moti­va­tion für den System­wechsel hin zu einer schweiz­weit homo­ge­neren Lösung gewesen, erläutert Villiger, dies zusammen mit der Erkenntnis, dass man auf lange Frist sparen könne, wenn man die Abhängig­keit von der Sozi­al­hilfe durch eine erfolg­reiche Inte­gra­tion verrin­gere.

Grundsätzlich posi­tive Rückmel­dungen …

Die Erkennt­nisse aus seiner Master-Arbeit fasst Villiger wie folgt zusammen: Grundsätzlich bewer­teten die befragten Sozi­al­ar­bei­tenden die Inte­gra­ti­ons­a­genda positiv, weil sie sich stärker als früher an der Klientel orien­tiert und nicht nur das Indi­vi­duum, sondern das ganze Fami­li­en­system einbe­zieht, Inte­gra­tion mit ihren sprach­li­chen, sozialen und beruf­li­chen Aspekten ganz­heit­lich betrachtet und die Inte­gra­ti­ons­pau­schale von CHF 6'000 auf CHF 18'000 pro Fall markant erhöht wurde.

… aber auch viele neue Aufgaben

Bemängelt wurde hingegen der grosse Mehr­auf­wand bei der Einführung mit vielen Änderungen in den Abläufen, mit neuen Formu­laren, Fragebögen, zusätzlich zu erar­bei­tenden Statis­tiken und Repor­tings, die den admi­nis­tra­tiven Aufwand empfind­lich erhöhen. Neben der gewohnten wirt­schaft­li­chen Sozi­al­hilfe machen die Zürcher Sozi­al­ar­bei­tenden neu auch Job Coaching, da im Zuge der Einführung der Inte­gra­ti­ons­a­genda die vormals dafür zuständige Stelle geschlossen wurde. Sie arbeiten nun eng mit Berufs­be­ra­tungen zusammen und müssen den ersten Arbeits­markt gut kennen, um die nötige Unterstützung zur Einglie­de­rung in die Arbeits­welt leisten zu können. Die Anfor­de­rungen des Jobpro­fils steigen damit klar.

Zum Zeit­punkt der Inter­views im Frühling 2021 bezwei­felten die Befragten, ob die zusätzliche Arbeit neben den üblichen Aufgaben zu bewältigen sei, und es wurden Anpas­sungen an den Fall­ver­tei­lungs­schlüsseln ange­dacht. Villiger gibt zu bedenken, damals hätten sich die Sozi­al­ar­bei­tenden gerade erst ins System einge­ar­beitet und noch keine Routine im Umgang damit entwi­ckelt, und fragt sich, wie es wohl heute, rund ein Jahr nach der Einführung, aussieht. Er wird es bald erfahren: Nach einer Auszeit wird er demnächst wieder eine befris­tete Stelle in einem Migra­ti­ons­so­zi­al­dienst antreten und ist gespannt darauf, wie seine Kolle­ginnen und Kollegen die Inte­gra­ti­ons­a­genda heute bewerten. Und wie geht es danach weiter? «Mittel­fristig suche ich eine stärker konzep­tio­nell ausge­rich­tete Stelle. Ich bin zuver­sicht­lich, dass mir das mit dem Master in der Tasche gelingt.»

Foto: Thomas Villiger (privat)

Text: Eva Schümperli-Keller

Weitere Infor­ma­tionen zur Arbeit

Die Master-Arbeit von Thomas Villiger kann hier herun­ter­ge­laden werden: https://www.sozio­thek.ch/die-einfueh­rung-der-inte­gra­ti­ons­a­genda-im-kanton-zuerich

Trans­for­ma­tion gestalten – Das Master-Studium in Sozialer Arbeit

Diese Abschluss­ar­beit ist im Rahmen des Masters in Sozialer Arbeit entstanden. Das Master-Studium ermöglicht Fach­per­sonen aus der Sozialen Arbeit eine opti­male Posi­tio­nie­rung für anspruchs­volle Aufgaben in Praxis, Forschung sowie Lehre und eröffnet neue beruf­liche Aussichten. Der Master in Sozialer Arbeit ist eine Koope­ra­tion der Berner Fach­hoch­schule, der Hoch­schule Luzern und der Ostschweizer Fach­hoch­schule. Neben den Basis­mo­dulen bieten die Stand­orte thema­ti­sche Schwer­punkte zur indi­vi­du­ellen Profilschärfung. Mit dem Projek­tate­lier und der Forschungs­werk­statt sowie in der Master-Arbeit können die Studie­renden aktu­elle Fragen aus der Praxis bear­beiten und ihr Forschungs­hand­werk erproben und schärfen.

Weitere Infor­ma­tionen gibt es hier.

 

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